Zentralafrikadurchquerung



02.10.04: Zentralafrika und der ganze Rest

So, nach langer Zeit gibt es mal wieder was aus Afrika zu lesen. Ich habe ja den Rundbrief ganz schoen lange vernachlaessigt, aber ehrlich, der Stressfaktor in Zentralafrika ist richtig hoch und nochmal ehrlich, in Namibia und Suedafrika war ich echt faul.
Also haben die Wonne (die inzwischen wieder heil und gluecklich (sagt sie jedenfalls) bei mir angekommen ist) und ich uns das so gedacht: ich beschoenige erstmal alles was seit Yaounde bis Kapstadt gelaufen ist und Wonne faerbt die Zeit seit Kapstadt rosarot.

Also, das letzte Lebenszeichen von mir war Younde in Kamerun. Mal eine grosse Stadt in Afrika, die mir ganz symphatisch war, relativ ruhige Strassen, huegelig und alles so dicht, dass man die Besorgungen mit dem Fahrrad erledigen konnte. Meine Besorgungen bestanden hauptsaechlich darin, mir Visas fuer Gabun, Kongo-Brazzaville und Kongo-Kinshasa zu besorgen. Und Wunder ueber Wunder, alles ging glatt. Der Botschafter von Kongo-Brazzaville hat in Deutschland studiert und sich richtig gefreut, mal jemanden zu haben,
an dem er sein Deutsch ausprobieren kann!
Achja, das Zwischenspiel habe ich fast schon wieder vergessen: Der Hollaender hat sich in Limbe entschieden, dass er Heimweh hat ausserdem staendig irgendwas mit dem Magen hatte (und versucht hat, sich mit Weissbrotessen zu kurieren und das bei mir, der mal mit einem Rohkoestler die WG geteilt hat, Gruesse an Steffen!). Naja und seitdem bin ich wieder allein. Finde ich nicht schlimm, so richtig haben wir uns auch nicht verstanden.
Ich habe ja noch ueberlegt in den Dja-Nationalpark zu gehen, um ein paar Lowland-Gorillas zu sehen, aber anscheinend ist die Erfolgsrate in letzter Zeit so niedrig, dass ich mich entschieden habe, es in den Parks von Gabun oder Kongo zu versuchen
Nachdem also alle Visa im Pass waren gleich am naechsten Tag Richtung Gabun gefahren. Strasse super, nur die ueblichen wahnsinnigen Holztransporter, die mit Hoechstgeschwindigkeit versuchen, den Kurs zu halten. Es ist schon gruselig, die vielen Fahrzeugreste neben der Strasse im Regenwald zu sehen. Das Motto ist hier: Gott wird schon helfen...
Jedenfalls wieder einmal zu meiner Ueberraschung (wo immer alle denken, dass man nach so langer Zeit nicht mehr ueberrascht wird, ich bin aber immer noch ueber die kleinsten Dinge verwundert...) keinerlei lustige Spiele an der Grenze (Visum nicht gueltig, kostet Geld usw.), weder in Kamerun oder Gabun.
Dabei gehoert gerade Kamerun zu den korruptesten Laendern der Welt (immer irgendwie gleichauf mit Nigeria).
Gleich nach der Grenze hoerte die Strasse auf und die Piste fing an, zwar ohne Schlammloecher (die Regenzeit habe ich fast nur in Nigeria gesehen und da war es nicht so schlimm weil richtige Strassen existieren, thanks god) aber ansonsten wie man sich Zentralafrika so vorstellt: heiss, feucht, der Regenwald faengt direkt neben der Piste an, seltsame Geraeusche von noch seltsameren Tieren (ganz krass ist der Baumdassie, der sich anhoert als wenn 5 Meter neben Dir jemand umgebracht wird, aber so sicher ist man ja nie:-)).
Die erste Nacht habe ich nahe am Aequator allein im Regenwald uebernachtet, war echt schoen, aber ich wuerde luegen, wenn ich sagen wuerde, ich bin ueber Nacht nicht ein paar mal aufgeschreckt:-)
Leider musste ich einen Abstechen nach Libreville an der Kueste von Gabun machen, da es nur hier das Visa fuer Angola gibt, ein ziemlich grosser Stolperstein in der Logistik von so einer Afrikadurchquerung. Auf dem Weg nach Libreville habe ich auf dieser Reise das erste Mal den Aequator ueberquert. Ich bin jetzt also auf der Suedhalbkugel.
In Libreville also Montagmorgens in der angolanischen Botschaft aufgeschlagen, mit den besten Klamotten (alles ist relativ...) und zusammen mit allerlei schmierigen Oelaufkaeufern oder was auch immer auf ein Vorsprechen bei der Frau Botschafterin gewartet. Und was stellt sich raus? Sie hat in Deutschland Philosophie studiert und spricht Deutsch! Sie hat natuerlich
gleich deutsch mit mir geradebrecht haben uns ueber dies und das unterhalten und mit dem Visum ist alles gar kein Problem. Morgen um 11. Und tatsaechlich, am naechsten Tag um 11 ist der angolanische Sticker im Pass, der Weg ist frei.
Viel Zeit habe ich in Libreville nicht mehr verbracht.Die Stadt ist okay, aber ich wollte wieder in den Regenwald. Die Idee mit den Gorillas im Lope-Nationalpark hat sich auch zerschlagen, die Unterkunft ist 50 Euro pro Tag und man kann nur Tageswanderungen in die Savanne machen, das klingt wie Kindergeburtstag, ausserdem sind auch hier seit laengerer Zeit keine Gorillas gesehen worden.
Die naechste Station war also Makokou in Zentralgabun. Auf dem Weg dorthin wird die Piste immer schmaler und glitschiger, was an sich noch kein Problem ist, das sind mal wieder die Holztransporter. Hier gibt es aber ein "Sicherheitssystem": vor jeder Kolonne von 5 bis 10 Transportern fahrt ein Gelaendewagen der dem entgegenkommenden Verkehr mit den Haenden signalisiert, wie viele Selbstmoerder in der naechsten Kolonne auf dem Weg sind. Im besten Fall schreit er es auch noch mal ins Auto. Man kann dann also sagen, ich fahre jetzt mal gaaaanz rechts und gaaanz langsam und zaehle die Trucks. Und wenn alle vorbei sind ist man wieder sicher (also ausser die Baeume auf der Strasse oder Tiere, die versuchen ins Auto zu rennen, ist ja klar, da faellt mir uebrigens ein, dass der Bodycount erst bei 2 Huehnern steht, das ist fuer fast 40.000 km doch ziemlich okay, oder?). Die Transporter muessen anscheinend eine gewisse Geschwindigkeit halten, um ueber die glitschigen Huegel zu kommen, aber das bedeutet auch Unfaelle, die echt unvorstellbar sind, das Gegenerfahrzeug existiert danach praktisch nicht mehr, egal wie gross vorher....
Auf der Piste habe ich auch einen deutschen Pastor aus dem Strassengraben gezogen, der vor den Transportern zu weit ausgewichen ist und aus dem ganzen Glitsch nicht mehr rausgekommen ist. Man hilft, wo man kann:-) Makokou ist ein Traum. Die Mission, wo ich geschlafen habe, hat auf einem Huegel Fluesse und Regenwald ueberblickt, ueberall Vogelstimmen (plus einem Hahn, der beim ersten Daemmern herausgefunden hat, dass der Tag beginnt und ausgepflippt ist:-(, bis er einen Stein abgefangen hat:-))

An der Grenze zu Kongo lief wieder mal alles ruhig ab, ausser, dass der Mann mit dem Zollstempel nicht da war und damit das Carnet de Passage fuer das Auto nicht gestempelt wurde, ist halt Afrika...
Von Franceville bin ich ueber Okoyo nach Oyo im Ostkongo gefahren. An den ganzen Strassensperren ist es hier ein bisschen nervig, dass jedesmal 1000 Daten aufgeschrieben werden muessen, was sich ziehen kann, wenn niemand von den Uniformierten schreiben kann und die Buchstaben aus dem Pass einfach kopiert werden. Die locals geben schon immer einen 1.000 CFA-Schein (1,50 Euro) durchs Fensterchen und koennen weiterfahren, das war mir immer zu bloed, ausserdem, wenn erstmal ein Weisser damit anfaengt, dann muss der naechste Touri 5.000 CFA zahlen.
Die Summe wurde einmal auch von mir verlangt, aber der Remo war mal wieder patzig und hab rumgesessen und habe dann mein Zelt vor der Strassensperre auf der Piste aufgestellt. Da sind natuerlich alle Leute aus dem Dorf angekommen, denen ich erzaehlen konnte, dass der Kunde Kohle fuer einen Stempel will, was korrupt ist. Natuerlich hat sich irgendwann alles aufgeloest uund ich durfte weiterfahren, Geduld ist in Afrika alles.
Naja, die Strasse nach Brazza war einwandfrei, zu meiner grossen Ueberraschung und nach zwei Tagen war ich in der grossen Stadt. Hier konnte ich die restlichen Geschichten am Auto erledigen und dann wollte ich auch schon nach Kinshasa. Die naechsten Tage war ich also hauptsaechlich unterwegs.
Nach Kinshasa kommt man nur mit der Faehre, wobei der Hafen in Brazzaville echt die Hoelle ist. Jeder versucht dich abzuzocken und der Level an Aggressivitaet unter den Beamten ist echt hoch. Man bekommt den Knueppel schon mal gegen das Auto geschlagen, was mir sonst nirgendwo passiert ist. Jedenfalls die Faehre gluecklich geboardet und nach einer Stunde ueber dem Kongo auch heil in Kinshasa angekommen. Und surprise, surprise, jeder ist scheissenfreundlich, keine Abzocke, keine Fahrzeugdurchsuchung, keine Geldforderungen, sie helfen sogar noch, die protestantische Mission zu finden!!! Wie so oft geistern falsche Horrormeldungen von Leuten herum, die nie an den Orten waren.
Kinshasa ist meiner Meinung nach recht sicher, wirkt sogar modern. Ich fand es da jedenfalls echt okay. Ausserdem bin ich auf zwei Paerchen in Landrovern und einen Mopedfahrer getroffen, die alle aus Britannien nach Namibia oder Suedafrika wollten. Wir hatten einen richtig abgefahrenen Abend in einer lokalen Kneipe (zumindest soweit ich mich erinnern kann...), ich habe mich aber dagegen entschieden zusammen mit ihnen zu fahren, da sie ein 15-Tage-Visum fuer Angola hatten ich aber nur 10 Tage.
Am naechsten Tag um 9 ging es bei mir weiter, alle anderen konnten noch ihren Rausch ausschlafen, lucky bastards:-)
Kongo-Kinshasa hat anscheinend nur eine vernuenftige Asphaltstrasse und zum Glueck fuehrte die direkt nach Angola (am Strassenrand gab es uebrigens Raupensuppe, ich habe mich aber nicht getraut, zu probieren:-)).
Nach einer Nacht in Songololo fing fuer mich das Abenteuer Angola an. Seit zwei Jahren ist hier Sense mit Krieg und es ist direkt ungefaehrlich, hier zu reisen. Nur Wandern im bush sollte man nicht, haessliche Landminen und niemand weiss genau wo. Bushcampen ist auch so eine Sache. Ich bin also nachts in Missionen geblieben oder habe mein Zelt in Doerfern aufgeschlagen.
Die Leute sind total lieb, obwohl es oft schon schwer ist, das fuer sie neue Konzept von Campen im Dorf auf portugiesisch rueberzubringen:-) Die Strassen hier sind Hoelle, zerstoerter Asphalt mit tiefen, tiefen Schlagloechern, oft genug habe ich nicht mehr als 10 Kilometer pro Stunde geschafft und am Ende des Tages war ich echt fertig. Zum Glueck gibt es ueberall gutes, kuehles Bier, so dass man ueber die Erschoepfung schnell hinwegkommt:-) Am Strassenrand sieht man auch immer noch ausgebrannte Panzer und zerschossene Haeusefronten, aber seit zwei Jahren herrscht hier ein sicherer Frieden - mal eine gute Entwicklung in Afrika.
Nach 8 Tagen war es dann geschafft - ich habe die Grenze nach Namibia ueberquert! JAAAA die Zivilisation hat mich wieder, mit Strom und Strassen und Supermaerkten und Pizzalieferservice und mit Schildern im Park wie: Aktivitaeten auf dem Rasen verboten (ist halt immer noch eine ex-deutsche Kolonie, laesst sich bei solchen Schildern nicht leugnen:-))
Meine erste Station war Tsumeb in Nordnamibia. Hier gibt es ein Hostel und man soll es nicht glauben, es wird von zwei Potsdamern gefuehrt!!! Es ist echt schoen hier, die beiden sind Engel und ich habe erstmal zwei Wochen hier abgehangen bis ich mich auf den langen Weg nach Kapstadt gemacht habe um meinen eigenen Engel abzuholen.
Von der Strecke gibt es nicht soviel zu erzaehlen, langweilige Strasse (immer geradeaus) und oft ist auch die Gegend oede.
In Kapstadt angekommen musste ich noch ein paar Tage verbringen aber das Warten hat sich gelohnt: Wonne ist wieder da:-)

Wie es weitergegangen ist und was uns fuer komische Tierchen vor die Linse gelaufen sind berichtet dann Yvonne in den naechsten Tagen.
 
Nächste Seite: südliches Afrika
Autor: Remo Nemitz